Offener Brief an den Bundesinnenminister Thomas de Maizière

Parallel zu den 23 Aktionen vom 11.02. wurde ein offener Brief an den Bundesinnenminister Thomas de Maizière formuliert!
Wir laden euch ein daran Teil zu nehmen.

Sehr geehrter Herr De Maiziere,

am 14. Dezember 2016 wurden 34 Menschen aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Am 23. Januar 2017 wurden 26 Menschen erneut aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben.
Afghanistan gilt als eines der gefährlichsten Länder weltweit. Sie als verantwortlicher Minister aber erklären, Teile Afghanistans seien „sicher“ und begründen damit die Legitimität der Abschiebungen. Wir fragen Sie:

Kann man von Sicherheit sprechen, wenn das Auswärtige Amt Reisewarnungen ausgibt?
Kann man von Sicherheit sprechen, wenn weite Teile der ländlichen Gebiete von terroristischen Organisationen wie dem sogenannten Islamischen Staat und der Taliban beherrscht werden?
Kann man von Sicherheit sprechen, wenn fast täglich Bomben in zivilen Gebieten explodieren?
Kann man Menschen die Schutzbedürftigkeit absprechen, die von dort fliehen?

Nein! – Afghanistan ist kein sicheres Land!

In den vermeintlich sicheren Städten Kabul und Masar-e Sharif kommt es regelmäßig zu Attentaten und Bombendetonationen mit vielen Toten und Verletzten. Das Bombenattentat auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-e Sharif Ende 2016 ist nur eines von vielen Beispielen. Die Anzahl der zivilen Opfer ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, so die Angabe des UN-Generalsekretärs im März 2016.
Rückkehrerinnen und Rückkehrer leben in Zeltlagern und Slums, ohne Perspektive, ohne Zugang zu Nahrung, sauberem Trinkwasser oder medizinischer Versorgung, so die Einschätzung der Welthungerhilfe. Sie harren dort dicht gedrängt aus, im Winter droht ihnen bei eisigen Temperaturen der Erfrierungstod.

Der UNHCR-Bericht vom 22.12.2016 beschreibt eine dramatische Verschlechterung der Sicherheitslage in den letzten Monaten. Er erteilt der generellen Vermutung der Existenz “interner Schutzalternativen” eine klare Absage: Es heißt eindeutig, dass aufgrund der volatilen Lage in Afghanistan nicht zwischen “sicheren” und “unsicheren” Regionen unterschieden werden kann. Die Situation in der Hauptstadt Kabul, die auch in vorherigen Lagebeschreibungen schon als schrecklich bezeichnet wurde, verschlimmere sich stetig. Auch für die anderen Regionen (Herat, Bamyan, Panjshir), bei denen vonseiten der Bundesregierung um eine Lageeinschätzung gebeten wurde, zeigt UNHCR ein insgesamt desaströses Bild. So wird beispielsweise für Bamyan darauf hingewiesen, dass u.a. die beiden Hauptrouten von Kabul aus als unsicher einzustufen sind.
Aufgrund dieser Situation in allen Teilen des Landes müssen Sie den Schutzbedarf von Afghaninnen und Afghanen anerkennen. Sie dürfen keine Menschen in ein Land zurückschicken, in dem Krieg, Terror und existentielle Not und Gefährdung herrschen.

Sie selbst, Herr De Maiziere, bewegen sich in Kabul nur in Schutzkleidung und gepanzerten Fahrzeugen. Sie selbst zeigen uns, wie unsicher es dort ist.
Unter solchen Bedingungen ist kein sicheres, menschenwürdiges Leben möglich.
Deshalb haben sich mehrere Bundesländer vehement gegen eine Beteiligung an dieser Praxis ausgesprochen.

Wie erklären Sie trotz der stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage eine um ca. 17 % niedrigere Schutzrate für Afghanen in 2016 im Vergleich zu 2015?
Wie erklären Sie solche Sammelabschiebeaktionen?

Es gibt nur eine plausible Erklärung:
Afghanen werden aus politischem Kalkül abgeschoben. Diese Aktionen sind Teil einer Symbolpolitik, die rechte Populisten beruhigen und Schutzsuchende abschrecken soll.

Diese Symbolpolitik ist auf das Schärfste zu verurteilen und ist schon seit Anfang des letzten Jahrhunderts überholt. Wir sind heute weiter! Heute werden politische Interessen nicht mehr auf dem Rücken Unschuldiger ausgetragen. Es geht darum, Menschen die Chance und die Motivation zu geben, sich ein neues Leben aufzubauen. Es geht nicht darum, zwischen “guten” und “schlechten” Geflüchteten zu unterschieden. Es geht darum, Menschen mit einem berechtigten Schutzbedürfnis, diesen Schutz zu gewähren und ihre Bemühungen Wert zu schätzen. Die Bundesrepublik ist ein weltoffenes, reiches Land. Wir können es uns leisten Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, Schutz und eine neue Perspektive zu bieten. Tag für Tag arbeiten Geflüchtete wie Einheimische an einer gelingenden Integration. Ehrenamtliche, Behördenmitarbeiter, Kirchenvertreter und viele andere setzen sich für ein offenes Land ein.
Mit den im Dezember 2016 aufgenommenen Abschiebungen nach Afghanistan führen Sie, Herr De Maiziere, auch das Engagement und die Bemühungen der ehren- und hauptamtlichen Helfer ad absurdum.

Afghanistan ist und bleibt kein sicheres Land. Statt sich um eine gelingende Integrationspolitik zu bemühen, werden Familien auseinandergerissen und Menschen in ein Land geschickt, in dem Krieg herrscht. In dem es keine Perspektiven gibt. Ein Land, aus dem diese Menschen zurecht aus Angst um ihr Leben geflohen sind.
Die aktuellen Abschiebungen sind deshalb schlicht menschenrechtswidrig. Wir beobachten mit Entsetzen, dass die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren immer mehr der Angst vor Rechtspopulisten zum Opfer fällt.

Menschenrechte sind keine politische Verhandlungsmasse!

Herr de Maiziere, wir rufen Sie auf, beenden Sie diese Politik. Erkennen Sie an, dass ein Schutzbedarf für Menschen besteht, die aus einem Land fliehen, in dem Krieg und Terror herrschen, und sich eine erzwungene Rückkehr dorthin verbietet. Werden Sie unserem modernen und offenen Land gerecht und sehen Sie in Zukunft davon ab, Menschen in eine unsichere Zukunft abzuschieben. Wir wollen in einem Land leben, in dem menschlich und tolerant miteinander umgegangen wird. In dem Menschen eine langfristige Perspektive haben.

Wir fordern: keine Abschiebungen nach Afghanistan!Sehr geehrter Herr De Maiziere,

am 14. Dezember 2016 wurden 34 Menschen aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Am 23. Januar 2017 wurden 26 Menschen erneut aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben.
Afghanistan gilt als eines der gefährlichsten Länder weltweit. Sie als verantwortlicher Minister aber erklären, Teile Afghanistans seien „sicher“ und begründen damit die Legitimität der Abschiebungen. Wir fragen Sie:

Kann man von Sicherheit sprechen, wenn das Auswärtige Amt Reisewarnungen ausgibt?
Kann man von Sicherheit sprechen, wenn weite Teile der ländlichen Gebiete von terroristischen Organisationen wie dem sogenannten Islamischen Staat und der Taliban beherrscht werden?
Kann man von Sicherheit sprechen, wenn fast täglich Bomben in zivilen Gebieten explodieren?
Kann man Menschen die Schutzbedürftigkeit absprechen, die von dort fliehen?

Nein! – Afghanistan ist kein sicheres Land!

In den vermeintlich sicheren Städten Kabul und Masar-e Sharif kommt es regelmäßig zu Attentaten und Bombendetonationen mit vielen Toten und Verletzten. Das Bombenattentat auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-e Sharif Ende 2016 ist nur eines von vielen Beispielen. Die Anzahl der zivilen Opfer ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, so die Angabe des UN-Generalsekretärs im März 2016.
Rückkehrerinnen und Rückkehrer leben in Zeltlagern und Slums, ohne Perspektive, ohne Zugang zu Nahrung, sauberem Trinkwasser oder medizinischer Versorgung, so die Einschätzung der Welthungerhilfe. Sie harren dort dicht gedrängt aus, im Winter droht ihnen bei eisigen Temperaturen der Erfrierungstod.

Der UNHCR-Bericht vom 22.12.2016 beschreibt eine dramatische Verschlechterung der Sicherheitslage in den letzten Monaten. Er erteilt der generellen Vermutung der Existenz “interner Schutzalternativen” eine klare Absage: Es heißt eindeutig, dass aufgrund der volatilen Lage in Afghanistan nicht zwischen “sicheren” und “unsicheren” Regionen unterschieden werden kann. Die Situation in der Hauptstadt Kabul, die auch in vorherigen Lagebeschreibungen schon als schrecklich bezeichnet wurde, verschlimmere sich stetig. Auch für die anderen Regionen (Herat, Bamyan, Panjshir), bei denen vonseiten der Bundesregierung um eine Lageeinschätzung gebeten wurde, zeigt UNHCR ein insgesamt desaströses Bild. So wird beispielsweise für Bamyan darauf hingewiesen, dass u.a. die beiden Hauptrouten von Kabul aus als unsicher einzustufen sind.
Aufgrund dieser Situation in allen Teilen des Landes müssen Sie den Schutzbedarf von Afghaninnen und Afghanen anerkennen. Sie dürfen keine Menschen in ein Land zurückschicken, in dem Krieg, Terror und existentielle Not und Gefährdung herrschen.

Sie selbst, Herr De Maiziere, bewegen sich in Kabul nur in Schutzkleidung und gepanzerten Fahrzeugen. Sie selbst zeigen uns, wie unsicher es dort ist.
Unter solchen Bedingungen ist kein sicheres, menschenwürdiges Leben möglich.
Deshalb haben sich mehrere Bundesländer vehement gegen eine Beteiligung an dieser Praxis ausgesprochen.

Wie erklären Sie trotz der stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage eine um ca. 17 % niedrigere Schutzrate für Afghanen in 2016 im Vergleich zu 2015?
Wie erklären Sie solche Sammelabschiebeaktionen?

Es gibt nur eine plausible Erklärung:
Afghanen werden aus politischem Kalkül abgeschoben. Diese Aktionen sind Teil einer Symbolpolitik, die rechte Populisten beruhigen und Schutzsuchende abschrecken soll.

Diese Symbolpolitik ist auf das Schärfste zu verurteilen und ist schon seit Anfang des letzten Jahrhunderts überholt. Wir sind heute weiter! Heute werden politische Interessen nicht mehr auf dem Rücken Unschuldiger ausgetragen. Es geht darum, Menschen die Chance und die Motivation zu geben, sich ein neues Leben aufzubauen. Es geht nicht darum, zwischen “guten” und “schlechten” Geflüchteten zu unterschieden. Es geht darum, Menschen mit einem berechtigten Schutzbedürfnis, diesen Schutz zu gewähren und ihre Bemühungen Wert zu schätzen. Die Bundesrepublik ist ein weltoffenes, reiches Land. Wir können es uns leisten Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, Schutz und eine neue Perspektive zu bieten. Tag für Tag arbeiten Geflüchtete wie Einheimische an einer gelingenden Integration. Ehrenamtliche, Behördenmitarbeiter, Kirchenvertreter und viele andere setzen sich für ein offenes Land ein.
Mit den im Dezember 2016 aufgenommenen Abschiebungen nach Afghanistan führen Sie, Herr De Maiziere, auch das Engagement und die Bemühungen der ehren- und hauptamtlichen Helfer ad absurdum.

Afghanistan ist und bleibt kein sicheres Land. Statt sich um eine gelingende Integrationspolitik zu bemühen, werden Familien auseinandergerissen und Menschen in ein Land geschickt, in dem Krieg herrscht. In dem es keine Perspektiven gibt. Ein Land, aus dem diese Menschen zurecht aus Angst um ihr Leben geflohen sind.
Die aktuellen Abschiebungen sind deshalb schlicht menschenrechtswidrig. Wir beobachten mit Entsetzen, dass die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahren immer mehr der Angst vor Rechtspopulisten zum Opfer fällt.

Menschenrechte sind keine politische Verhandlungsmasse!

Herr de Maiziere, wir rufen Sie auf, beenden Sie diese Politik. Erkennen Sie an, dass ein Schutzbedarf für Menschen besteht, die aus einem Land fliehen, in dem Krieg und Terror herrschen, und sich eine erzwungene Rückkehr dorthin verbietet. Werden Sie unserem modernen und offenen Land gerecht und sehen Sie in Zukunft davon ab, Menschen in eine unsichere Zukunft abzuschieben. Wir wollen in einem Land leben, in dem menschlich und tolerant miteinander umgegangen wird. In dem Menschen eine langfristige Perspektive haben.

Wir fordern: keine Abschiebungen nach Afghanistan!